So hier will ich dann mal versuchen etwas genauer von meiner Behinderung zu berichten. Ich habe eine spinale Muskelatrophie (spätinfantile Form). Wenn man das in der Tabelle (bei SMA allgemein) einordnen soll, dann so unter dem Typ III. Da es aber noch viele individuelle Erscheinungsformen gibt, kann man das sowieso nicht ganz genau zuordnen. Erste Gangbildauffälligkeiten stellte meine Familie schon im Kleinkindalter fest und ich war nicht ganz so agil wie die anderen Kinder. Erst wurde dies mit Unsportlichkeit abgetan. In der ersten Klasse, im Alter von 6 Jahren, kam ich dann doch zur genauen Diagnosestellung in die Uniklinik Rostock. Nach langem hin und her (fast meine ganzen Sommerferien hatte ich in der Klinik verbracht) waren auch noch die Testergebnisse meiner Muskelbiopsie verschwunden. Ohne ein Ergebnis wurde ich erst mal aus der Klinik entlassen. Später sollte ich dann noch einmal zu einer neuen Muskelbiopsie in die Klinik. Da ich inzwischen durch den letzten langen Aufenthalt eine große Angst vor Krankenhäuser entwickelt hatte (leider heute noch in abgeschwächter Form vorhanden), bestand meine Mutter darauf, die Untersuchungen in kürzester Zeit zu absolvieren. Was beim letzten mal fast 8 Wochen dauerte (ohne Ergebnis) ging dann diesmal in 2 Wochen über die Bühne. Dabei wurde eine Muskelkrankheit diagnostiziert. Damals konnte man noch nicht genau sagen worum es sich handelte (für meine Mutter war es sehr belastend, da sie auf Nachfragen keine genauen Auskünfte geben konnte). Für mich war es nicht weiter schlimm. Ich ging zwar etwas watschelig. Es bereitete mir jedoch keine Schwierigkeiten. Bis zur vierten Klasse ging ich in eine "normale Schule", später dann in eine Schule für Körperbehinderte, weil es auf längere Sicht betrachtet keine Möglichkeiten gab (bauliche Barrieren, Sportunterricht usw.) in einer "Normalschule" zu bleiben. In der achten Klasse mit ca. 13 - 14 Jahren bekam ich meinen ersten riesen Schub an Kraftverlust. Innerhalb weniger Wochen konnte ich nur noch sehr schwer laufen. Ich fiel sehr viel hin und konnte kaum noch allein das Haus verlassen. Es war für mich eine sehr schwere Zeit. Gerade im Pubertätsalter verlor ich an Kraft, an Attraktivität. Manchmal wenn ich hinfiel und es nicht allein schaffte aufzustehen, hielten die Leute mich für betrunken und lachten. Es kostete dann immer sehr viel Überwindungskraft jemanden nach Hilfe zu fragen. Der erste Rollstuhl war für mich keine Belastung. Er gab mir Freiheit und erhöhte meinen Bewegungsradius. Davor hatte ich lange Zeit Angst vor einem Rollstuhl, weil man Sachen hörte wie: "Wenn man erst einmal im Rollstuhl sitzt kommt man dort nie wieder raus". Es war aber wirklich eine Erleichterung, als es letztendlich soweit war. Vielleicht auch, weil wir mit der Anschaffung eines Rollstuhles sehr lange gewartet hatten (warten mussten - zu DDR-Zeiten waren gute Rollstühle Mangelware). Mein "gehen" war dann bis zum achtzehnten Lebensjahr eine Katastrophe geworden. Seit Ende des achtzehnten Lebensjahres sitze ich jetzt fest im Rollstuhl. Mit meiner Armkraft sieht es aber noch einigermaßen gut aus. Jedenfalls aus meiner Sicht bin ich damit noch sehr zufrieden, da ich doch noch einiges selbständig kann.
Meist denke ich, dass ich ganz gut mit der Krankheit klarkomme. Häufig jedoch, gerade wenn sich etwas am Zustand der Behinderung ändert (und das leider nur zum Negativen), merke ich aber meine Hilflosigkeit und auch Angst gegenüber dieser Krankheit. Es ist aber sehr wichtig, dass man sich von diesen Gefühlen nie Beherrschen lässt.